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Vacminel - Märklin Nachbauten aus Portugal

Von Manuel Pipa

Die englische Fassung wurde in TCS News No 129 (September 2004), S. 19-21 veröffentlicht.
Eine französische Fassung erschien in Jouets de Collection No 4 (Mars-Avril-Mai 2005), S. 24-31

Übersetzung von Michael Gerke nach dem Manuskript von Manuel Pipa

Die Vorgeschichte

Die VACMINEL Modelle entstammen einer Idee von Manuel António Quintes Saraiva. Mitte der 40er Jahre entwickelte er, quasi aus dem Nichts heraus, in seiner kleinen Werkstatt in Lissabon (17 Santane, Lapa Street) ein komplettes Modellbahnsystem in Spur 00 für Wechselstrom, ganz nach dem Vorbild der Märklin Bahnen aus Deutschland. Diese Leistung ist umso höher einzuschätzen, da diese Modelle wahrscheinlich auch heute noch die technisch kompliziertesten Spielzeugmodelle sind, die jemals in Portugal hergestellt wurden. Der Name VACMINEL entstand aus dem Namen seines Sohnes Vasco Manuel, der zu dieser Zeit etwa 5 Jahre alt war.

Manuel Saraiva wurde am 13. Mai 1913 in Olhaó an der Algarve im Süden Portugals geboren. Schon wenige Monate später zogen seine Eltern nach Lissabon. Wie so häufig bekam Manuel Saraiva seine erste Modellbahn als Kind von seinen Eltern geschenkt. Diesen Zug behielt er sein Leben lang bis zu seinem Tod im Alter von 87 Jahren (2001 in Lissabon).

Manuel Saraiva wollte eigentlich Maschinenbau studieren, erwarb dann aber einen Abschluß in Tiermedizin. Sein Berufsleben begann in der Stadtverwaltung von Sintra. An diesem Ort richtete er sich bereits eine erste Werkstatt ein und begann mit Versuchen für seine spätere Modellbahn.

Im Jahr 1940 zog Manuel Saraiva zurück nach Lissabon und heiratete dort 1941 Maria Heurigues. In der Lapa Street, wo er auch wohnte, richtete er sich wieder eine Werkstatt ein, wo dann in der Folgezeit die VACMINEL Modellbahnen produziert wurden.

Portugal war damals vom übrigen Europa weitgehend abgeschnitten, da das Land nicht am II. Weltkrieg beteiligt war. Die wichtigsten Hersteller von elektrischen Modellbahnen in Spur 00 waren Märklin und Trix (Express) in Deutschland sowie Hornby Dublo und Trix Twin in England. In beiden Ländern mußten alle Fabriken, bedingt durch den Kriegsausbruch, ihre Produktion auf Rüstungsgüter umstellen. Die Produktion von Modelleisenbahnen wurde bei den genannten Herstellern deshalb bis auf weiteres unterbrochen. Trix Twin produzierte während des Krieges z.B. Modelle der Bailey Bridge, einer demontierbaren Brücke für das Militär, damit Pioniertruppen den Auf- und Abbau dieser Brücke am Modell trainieren konnten.

Nach dem Krieg konnte die Produktion von Modellbahnen dann wieder aufgenommen werden. Bei Märklin, deren Produktionsstätten in Göppingen den Krieg unbeschadet überstanden hatten, wurde bereits wieder 1947 eine neue Serie von Modellen geschaffen, die von wesentlich besserer Qualität und Vorbildtreue waren als die Vorkriegsmodelle. Dies beeinflußte dann auch die weiteren Marktchancen der VACMINEL Züge.

Bedingt durch die Kriegssituation in Europa und den daraus resultierenden Mangel an Modellbahnen in Portugal, entschied sich Manuel Saraiva, selbst Modelle für seinen eigenen Bedarf zu bauen. Allerdings war der Aufwand enorm, da er sich als Vorbild Märklin auserkoren hatte, zur damaligen Zeit die Modellbahn auf dem höchsten technischen Niveau. Diese Anstrengungen bewogen ihn wohl, weitere Züge für den Verkauf zu produzieren.

Die Produktion

Manuel Saraiva orientierte sich für seine Modellbahn an den Spitzenmodellen von Märklin und baute seine Lokomotive nach der SK 800 Stromlinienlok. Märklin kündigte die SK 800 im Katalog von 1939 an, desgleichen war sie im Katalog von 1940 enthalten, dem letzten Katalog vor der kriegsbedingten Pause. Dieselbe Lok erschien dann wieder auf dem Titelbild des Kataloges von 1947, dem ersten Katalog nach dem Krieg.

Manuel Saraiva produzierte in seiner Werkstatt alle notwendigen Teile für seine Lokomotive, Formen aus Bronze für die Gußteile des Gehäuses, des Fahrgestells, der Räder, des Tenders usw. Die Lokomotive wurde in 2 Farbversionen hergestellt, eine komplett in schwarz, die andere in grün und silber. Aber er produzierte nicht nur die Lokomotive. Eine komplette Zugpackung mit der Lokomotive, Personenwagen, Schienen und einem Transformator war erhältlich.

Zwei Personenwagen wurden passend zur Lok produziert. Das erste Modell basierte auf dem Märklin Personenwagen der Serie 340. Hergestellt wurde er aus Blech, das Gehäuse war lithografiert, das Chassis bemalt. Die Drehgestelle bestanden ebenfalls aus Blech (identisch mit denen des Tenders). Der Wagen wurde in zwei Farbversionen (grün und rot) produziert.

Der zweite Personenwagen war eine komplette Eigenentwicklung mit einem gegossenen Gehäuse und einem Blechchassis mit den gleichen Drehgestellen wie beim anderen Personenwagen und dem Tender. Vorbild für dieses Modell waren die amerikanischen Leichtmetallwagen von Budd, die auch in portugiesischen Schnellzügen eingesetzt wurden.

Die Schienen sind den Vorbildern von Märklin und Hornby Dublo ähnlich. Sie haben dieselbe Geometrie wie die Märklin Schienen. Der Transformator orientiert sich ebenfalls am Vorbild von Märklin.

Die komplette Zugpackung enthielt die Lokomotive, 3 Personenwagen (1. Modelltyp, Märklin-ähnlich), ein Schienenoval und einen Transformator. Die Modelle waren in einem schönen, farbigen (blauen oder roten) Karton verpackt. In der oberen linken Ecke war mit einem Goldaufdruck der Hersteller bezeichnet: "Miniatures VACMINEL".

Die Zugpackungen wurden in zwei Spielwarengeschäften in Lissabon im Stadtteil Ruado Curo verkauft, im "Bazar Thadeu" und im "Biagio Flora". Wahrscheinlich betrug der Preis in den späten 40er Jahren umgerechnet etwa 1 Euro. Dieser Betrag war für die damaligen portugiesischen Lebensverhältnisse außerordentlich hoch, so daß nur die 'priviligierten Stände' die finanziellen Möglichkeiten hatten, solch ein Spielzeug zu erstehen. Wahrscheinlich wurden etwa 30 VACMINEL Zugpackungen produziert und verkauft. Dies erklärt auch die Seltenheit dieser Modelle in heutiger Zeit.

Das große Interesse der heutigen Sammler an diesen portugiesischen Modellen erklärt sich mit der Ähnlichkeit zu den Märklin Modellen. In der Tat werden in der Sammlerliteratur (wie Koll's Preiskatalog oder dem Mikado-Katalog) die VACMINEL Züge als Modelle aus Märklin Teilen, die in Portugal montiert wurden, beschrieben. Dies ist jedoch nicht der Fall.

In Portugal existieren heute nur noch 6 Lokomotiven und einige Personenwagen im Besitz der Erben von Manuel Saraiva und von 3 Sammlern. Obwohl es möglich scheint, daß noch weitere Lokomotiven und Personenwagen existieren, ist dies für Zubehör wie Schienen und Transformatoren eher unwahrscheinlich. Lediglich ein Schienenoval (als Teil der einzigen noch existierenden kompletten Zugpackung) und 2 Transformatoren (einer wiederum als Teil der Zugpackung) sind bekannt.

Vollkommen unbekannt ist, ob, wo und wieviel dieser Züge außerhalb von Portugal existieren. Immerhin waren die Modelle in Deutschland in den 50er Jahren nicht unbekannt. Manuel Saraiva hat dies selbst bestätigt, wie wir weiter unten sehen werden.

Das Ende

Um 1947 hatte Märklin die Produktion von Modellbahnen wieder aufgenommen. Aufgrund der Ähnlichkeit der Vacminel Modelle mit den entsprechenden Märklin Modellen befürchtete Manuel Saraiva die Möglichkeit einer Klage gegen ihn durch Märklin. Er stellte deshalb die Produktion der VACMINEL Züge ein und zerstörte unglücklicherweise sogar die Gußformen seiner Stromlinienlok. Überraschenderweise blieben aber die Formen für das Tendergehäuse und für einige andere Kleinteile erhalten. Diese Formen wurden kürzlich bei einer Durchforstung der immer noch existierenden Werkstatt in Lissabon gefunden. Obwohl die Angst vor einer Klage wohl die Hauptursache für diese Entscheidung war, gab es auch noch andere Faktoren.

Manuel Saraiva begann in den frühen 40er Jahren mit der Entwicklung seiner Modelle. In den darauffolgenden Jahren war dies wohl meist eine Nebenbeschäftigung für ihn. Der Verkauf der Modelle begann erst in der zweiten Hälfte der 40er Jahre. In der Tat wurde der Markenschutz für 'VACMINEL' 1946 beantragt und im folgenden Jahr erteilt. Eine Firma zur Produktion und zum Handel der VACMINEL Züge wurde 1948 offiziell gegründet. Wenn man annimmt, daß der Verkauf erst nach Erledigung aller Formalitäten begann, dann hatten zu dieser Zeit auch alle großen Modellbahnmarken den Verkauf von Modellen in Spur 00/H0 wieder aufgenommen. Neben den schon vor dem Krieg tätigen Firmen kamen weitere Fabrikanten dazu, wie z.B. JEP in Frankreich, die 1948 ebenfalls mit einer Stromlinienlokomotive in den Modellbahnmarkt der Spur 00 einstiegen oder CONTI in Italien, die ebenfalls Ende der 40er Jahre mit der Produktion begannen.

Es ist deshalb sehr wahrscheinlich, daß die VACMINEL Züge von Anfang an mit der Konkurrenz durch die ausländischen Marken konfrontiert waren. Diese waren vermutlich durch die industrielle Produktionsweise billiger und hatten häufig bedeutende technische Verbesserungen im Vergleich mit den Vorkriegsmodellen. Außerdem war der Konkurrenzdruck sowieso groß durch die Einstellung der Portugiesen, daß ausländische Produkte grundsätzlich besser sind als einheimische.

Wenn man dies alles bedenkt, so wurde Manuel Saraiva wohl mit einem kommerziellen Rückschlag konfrontiert, der nur schwer zu verkraften war nach all den großen Anstrengungen zur Entwicklung und Produktion seiner Züge. Wahrscheinlich stellte er die Produktion seiner Modelle Anfang der 50er Jahre ein, die Formen wurden etwa 1952 zerstört.

Etwa 1955 nahm Manuel Saraiva während einer Reise nach Deutschland die Gelegenheit zu einem Besuch des Märklin Werkes wahr. Als die Märklin Mitarbeiter bemerkten, daß er Portugiese war, vermutete man in ihm den Hersteller der portugiesischen Züge, die den Märklin Modellen nachgebaut waren. Manuel Saraiva offenbarte sich zwar nicht als diese Person, fragte aber nach der Möglichkeit von Maßnahmen gegen diesen Hersteller. Ironischerweise wurde dieses verneint ...

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